Recht auf Vergessen

Unterlassungsanspruch gegen Suchmaschinenbetreiber unterliegt Interessenabwägungen

Es gibt zwar das "Recht auf Vergessen" im Internet, doch sollte immer berücksichtigt werden, dass jedes Recht seine Grenzen hat. Das musste eine Geschäftsführerin schmerzvoll erfahren, die im folgenden Fall vor dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG) mit ihrem Anliegen scheiterte, dass ein Suchmaschinenbetreiber den Nachweis und die Verlinkung bestimmter Inhalte im Netz zu unterlassen habe.

Im Januar 2010 strahlte der NDR einen Beitrag des Fernsehmagazins "Panorama" mit dem Titel "Kündigung: Die fiesen Tricks der Arbeitgeber" aus. Die Geschäftsführerin eines Unternehmens hatte für diesen Film ein Interview gegeben. Am Ende des Beitrags wurde der Fall eines gekündigten ehemaligen Mitarbeiters des von ihr als Geschäftsführerin geleiteten Unternehmens dargestellt. In Anknüpfung an die geplante Gründung eines Betriebsrats wurde ihr in dem Beitrag ein unfairer Umgang mit dem Mann vorgeworfen. Der Sender stellte eine Datei mit einem Transkript dieses Beitrags unter dem Titel "Die fiesen Tricks der Arbeitgeber" auf seiner Internetseite ein. Bei Eingabe des Namens der Beschwerdeführerin in die Suchmaske des Suchmaschinenbetreibers Google wurde als eines der ersten Suchergebnisse die Verlinkung auf diese Datei angezeigt. Als die Geschäftsführerin vor Gericht zog und verlor, wandte sie sich an das BVerfG.

Mit ihrer Verfassungsbeschwerde rügte sie eine Verletzung ihres allgemeinen Persönlichkeitsrechts und ihres Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung. Bereits die Überschrift des Suchergebnisses sei verfälschend, da sie niemals die fiesen Tricks angewandt habe. Das Suchergebnis rufe eine negative Vorstellung über sie als Person hervor, die geeignet sei, sie als Privatperson herabzuwürdigen. Überdies liege der Bericht zeitlich so weit zurück, dass auch infolge des Zeitablaufs kein berechtigtes öffentliches Interesse mehr an ihm bestehe. Die Verfassungsbeschwerde hatte jedoch keinen Erfolg.

Soweit Betroffene von einem Suchmaschinenbetreiber verlangen, den Nachweis und die Verlinkung bestimmter Inhalte im Netz zu unterlassen, sind folgende Punkte abzuwägen:

  • die Persönlichkeitsrechte der Betroffenen,
  • die unternehmerische Freiheit der Suchmaschinenbetreiber,
  • die Grundrechte der jeweiligen Inhalteanbieter sowie
  • die Informationsinteressen der Internetnutzer.

Hier war die angegriffene Gerichtsentscheidung laut BVerfG im Ergebnis nicht zu beanstanden. Es war eine umfassende Interessenabwägung vorgenommen worden. Ergänzend war auch darauf abzustellen, dass die Geschäftsführerin zu dem Interview, das Gegenstand des streitigen Beitrags war, ihre Zustimmung gegeben hatte.

Hinweis: Die Meinungsfreiheit der Inhalteanbieter ist also bei der Prüfung eines Unterlassungsanspruchs gegen Suchmaschinenbetreiber zu berücksichtigen.


Quelle: BVerfG, Urt. v. 06.11.2019 - 1 BvR 276/17

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